Wadi Rum: das Spiel mit dem Feuer

Eine vollendete Inszenierung aus Stein, Sand und Licht. Unter Millionen von Sternen und auf dem Rücken eines Kamels komme ich der aufdringlichen Schönheit dieser surrealen Landschaft näher.

Mit dem Jeep tauchen wir ein, ins legendäre Tal aus Gestein und Sand. Imposante Felswände, bizarre Bergstöcke und skulpturale Formationen ziehen an mir vorbei. Außergewöhnlich und einzigartig präsentiert sich die Kulisse aus Granit und Sandstein und imponiert in allen Himmelsrichtungen.

Jeeps, die Besucher zu den touristischen Highlights fahren, und Zeltcamps am Fuß der Felsen gereiht, lassen wir zurück, und fahren weiter in Richtung Süden, wo wir vom Jabel Hash auf Saudi-Arabien blicken.

Es ist Nachmittag und die Sonne nähert sich dem Horizont. Irgendwo unter einem Felsvorsprung werden wir übernachten. Auf dem Weg zum Schlafplatz sammeln wir noch ein paar Äste fürs Feuer, die das bescheidene Buschwerk anbietet. Ein Beduine treibt seine Ziegenherde an uns vorbei. Geschützt hinter einem Felsvorsprung ist vereinzelt ein Beduinenzelt zu erkennen. Lange Schatten erobern das Tal während sich die Lichtverhältnisse dramatisch zuspitzen. Am Schlafplatz angekommen, vollzieht sich dieses Spektakel zum Höhepunkt, das ich von einem kleinen Bergrücken bis zur Vollendung beobachte. Der Fels färbt sich goldgelb, der Sand intensiviert seine Farbe, der Himmel schwankt zwischen orange und lila und die Schatten absorbieren das letzte Licht. Unverhohlen zieht die Dramatik in diesem monumentalen Spektrum den Betrachter in den Bann, und raubt ihm jegliche Form von Bedeutsamkeit.

Unter einem Felsvorsprung leuchtet bereits ein Feuer. Der Brennwert der dünnen Buschäste ist gering, sodass diese immer wieder arrangiert und nachgelegt werden müssen.  Das Geräusch des Knisterns füllt, was der Beduine eine Höhle nennen. Noch gibt der Fels die gespeicherte Sonnenwärme ab. Nachts werden die Temperaturen bis knapp über Null Grad sinken. Wir wärmen uns am Feuer und braten ein paar Stücke Huhn, Zucchini, Zwiebel und Kartoffel.

Mit dem Einbruch der Dunkelheit füllt sich der Himmel unerschöpflich mit Sternen. Gewärmt von zwei Decken bestaune ich lange dieses faszinierende Universum, bei dessen Anblick sich Gedanken und Relevanz neu sortieren. Eine angenehme Stille füllt das magische Momentum.

Der Sonnenaufgang vollzieht sich schleichend. Am Horizont zeichnet sich entlang der fernen Berg-Silhouette ein weißer Streifen ab. Das Sternendickicht beginnt sich vom Westen langsam aufzulösen, das Licht setzt sich zurückhaltend durch. Mit einsetzender Dämmerung krieche ich unter meinen Decken hervor. Luft und Sand haben deutlich abgekühlt. Ich wandere zum gegenüberliegenden kleinen Bergrücken. Meine Sandspuren vom Vorabend haben an Profil verloren und sind nicht mehr als meine erkennbar. Die Wüste ist vergänglich. Das Tal liegt mir zu Füßen und greift ausladend um sich, begrenzt von einer imposanten Felsherrschaft. Die ersten Sonnenstrahlen kratzen am Bergrücken und ein neuer Akt aus Licht und Farben kündigt sich in diesem Naturschauspiel an. Eine leichte Brise kommt auf und ich kehre zum Schlafplatz zurück, wo bereits das Feuer knistert. Dort reibe ich mir die Hände und wärme mich an einer Tasse Tee. Eine Krähe zieht mit schweren Flügelschlägen auf Augenhöhe vorbei, als spüre auch sie die nächtliche Abkühlung. Ich hülle mich in meine Ziegenhaardecke, spiele mit dem Feuer und warte auf einen weiteren Beduinen, der mich mit seinem Kamel hier abholen kommt.

 

Verlässlich und pünktlich treffen sie ein. Noch gemächlich eine Tasse Tee bevor wir uns in die Höhe schwingen. Ich liebe es, auf einem Kamel durch die Wüste zu schaukeln. Diese majestätischen und anmutigen Eleganzen faszinieren mich. Erhaben und gleichmütig schreiten sie durch die endlose Weite. Nichts bringt sie aus der Ruhe, weder aufbegehrendes Hundegebell vor dem Beduinenzelt, noch eine Herde weiblicher Kamele mit ihren Junggeborenen, an denen wir vorbeispazieren. Ihre Blicke schwingen im   beschaulichen Rhythmus des Schrittes, wenn gleich ihnen auch nichts zu entgehen scheint.

 

Wadi Rum ist in der UNESCO-Welterbeliste aufgenommen und wurde vor allem durch den Film „Laurence von Arabien“ bekannt.

 

Autor: reginatauschek

Weltbürgerin.

9 Kommentare zu „Wadi Rum: das Spiel mit dem Feuer“

  1. sehr sehr schön, und erinneungsträchtig. Ich durchritt das Wadi auf einem weißen Kamel, Muttertier mit seinem Jungen, das letzte in der Reihe, und während wir so ritten, sang die Mutter dem Kleinen Lieder vor…

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