Was haben Erbil und Wien gemeinsam? Genauer betrachtet, mehr als man denkt – die Spinne, den Ring, ein bisschen Dolma … und noch einiges mehr.
Vorweg ist anzumerken, dass die beiden Städte täglich durch einen Flug mit Austrian Airlines verbunden sind. Dieser ist teuer, aber direkt. Bereits beim Landeanflug auf Erbil beeindruckt die spinnennetzförmige Anordnung der Straßen und der Österreicher könnte überrascht feststellen: „schaut aus, wie in Wien“. Das Spinnennetz manifestiert sich zwar weniger deutlich in Wien als in Erbil, doch der Gedanke gefällt.
Ringstraßen
Beide Städte verfügen über drei Ringstraßen. Bei der Wiener Ringstraße, ein Prachtboulvard mit monumentalen Bauwerken um das Stadtzentrum, sowie dem inneren und äußeren Gürtel werden dank ihrer Namensgebungen zumindest sprachlich die Kreise geschlossen. Im Gegensatz dazu präsentieren sich die Erbiler Ringstraßen – das sind die 60 Meter, 100 Meter und 120 Meter Straße – weniger spektakulär, jedoch in ihrer baulichen Ausführung als durchgehende Straßenringe.
‚Steffl‘ und ‚Zita‘

Darüber hinaus besitzen beide Städte historische Zentren mit bemerkenswerten Gebäuden. Das Pendant zum Wiener Stephansdom ist in Erbil die Zitadelle. Was der „Steffl“ als architektonisches Meisterwerk seiner Zeit darstellt, bietet die Zitadelle auf der Achse der Zeitrechnung, zumal davon ausgegangen wird, dass sie seit 8,000 Jahren durchgehend bewohnt ist. Beide Bauwerke sind einzigartig, markieren die Mitte der jeweiligen Stadt und sind UNESCO Weltkulturerbe.
Dolma

Dolma ist ein klassisches kurdisches Nationalgericht, bei dem Weinblätter und verschiedene Gemüsesorten mit einer Reis-Fleisch-Mischung gefüllt werden. Jede Köchin hat ihr eigenes Rezept – ähnlich dem kleinen Geheimnis bei der Zubereitung des Kartoffelsalats. Dolma in Kurdistan findet seinesgleichen in der österreichischen Küche als „gefüllte Tomaten“, „gefüllte Paprika“ und Krautrouladen. Der Unterschied liegt beim Garverfahren und bei den Gewürzen.
Das Volksbad

In der Zitadelle in Erbil befindet sich ein Hamman aus dem 18. Jahrhundert, das bis in die 1970er Jahre der ansässigen Bevölkerung als Volksbad diente. Auch Wien verfügt über öffentliche Bäder, im Volksmund ‚Tröpferlbad‘ genannt. Nutzer des Hammans bedecken sich mit einem speziellen Handtuch, dem Pestemal. Auch die Wiener waren bis vor 70 Jahren noch etwas schamhaft und legten, des ‚Anstandes‘ wegen, eine Badeschürze an. Während die Wiener Wannen- und Brausebäder Mitte der 1950er Jahre noch stark frequentiert waren, haben sie, bedingt durch den gestiegenen Wohnkomfort, an Bedeutung verloren. Bis auf ein Original, sind heute alle Wiener Tröpferlbäder geschlossen und wurden als Saunabäder oder für andere Zwecke adaptiert.
Gastfreundschaft
Die Menschen in Erbil sind sehr gastfreundlich – die Wiener können es auch sein. Zu jedem Anlass tischt der Erbiler eine Vielfalt an Speisen in sehr üppigem Ausmaß auf. Auch in Wien wird mit Portionen nicht gegeizt, und so manches Wiener Schnitzel entfaltet sich über den Tellerrand. Die österreichische Regierung ist um die Gastfreundschaft derart bemüht, sodass sie kürzlich zum Wohle dieser und gegen die Ausgrenzen von Randgruppen (Anmerkung: Raucher) die Umsetzung des Gastro-Rauchverbotes aufhob. Damit erschließt sich die leidige Gemeinsamkeit – nämlich, der stinkende Qualm in so manchen Lokalen.
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Dieser Beitrag ist meinen Geschätzten in Erbil gewidmet, die ihre Deutschlandreise über Österreich antreten, und wegen Lust, Laune, Schneesturm, Verspätung, Streik, technisches Gebrechen, Verstimmung etc unvorbereitet in Wien hängen bleiben.