Musik statt Krieg. Brücken bauen, statt Mauern errichten.

Luca zupft seine Laute und wechselt von Johann Sebastian Bach zu orientalischer Musik, reist von Italien nach Kurdistan und kommuniziert mit Menschen ohne ihre Sprachen zu sprechen.   

Wenn ich heute Bach und morgen arabische Musik spiele, liegt darin kein Widerspruch, erklärt Luca, denn das eine ergänzt sich mit dem anderen. Luca Chianovati ist ein italienischer Musiker, baut Brücken mit Musik und fördert den Dialog zwischen Menschen und Kulturen.

Begonnen hat alles im Jahr 2016 in Padua, einer Stadt 30 km westlich von Venedig, wo sich Luca und der Iraker Samman, Koordinator der italienischen NRO „Un Pont Per …“ und Hobby-Geiger, kennenlernten. Ein Jahr später hielt Luca seinen ersten Workshop in Kurdistan, an dem Jesiden, Araber, Syrer, Kurden und Kakai teilnahmen. Eine gemeinsame CD sollte entstehen. „Wir mussten improvisieren, etwas, das in diesem Land sehr gut funktioniert“, erinnert sich Luca. Bei den Musikaufnahmen waren elf Frauen und neun Männer beteiligt. Die Zeit drängte, und die meisten Lieder wurden im Hotelzimmer aufgenommen. Mit den ersten Musikaufnahmen kehrte Luca zurück nach Italien und übergab diese einem Musikstudio. Verschiedene Klänge wurden noch vom Musiker-Trio The Landscapes“ ergänzt. Das Ergebnis seiner ersten Irakreise ist auf der CD Mshakht & New Landscapes – Walking Sounds from Italy to Kurdistan“ zu hören. Seither ist Luca mehrmals in den Irak gereist, denn das Projekt geht weiter.

Hinter der CD Produktion steckt sehr viel mehr, nämlich, dass Frauen wieder am öffentlichen Leben teilhabenFrieden zwischen den Bevölkerungsgruppen zu schließen und Musiker und Menschen zu verbinden und den Austausch zu fördern.

Die Teilnahme der Frauen ist Luca ein besonderes Anliegen. Sie haben nicht nur den größten Anteil in der irakischen Gesellschaft, sondern nur durch die Stärkung der Frauen und die Förderung von Frauenrechten kann eine Veränderung zu einer offeneren Gesellschaft gelingen.
Die größte Herausforderung sieht Samman einerseits in der konservativen Interpretation des Islams, die im Extremfall sogar Musik verbietet. Unter diesem Aspekt ist es für Frauen besonders schwierig am gemeinsamen Musizieren teilzunehmen, obwohl viele gerne dabei wären, wie er aus eigener Erfahrung weiß. Andererseits hindert die Tradition der Stammesgesellschaften, die sich immer noch am Ideal des „starken Mannes“ orientiert, und Musik und Kunst gering schätzt.

Dabei sieht Samman im Musizieren eine wesentliche Chance zur Wiederversöhnung. Musik hat in Kurdistan und im Irak Tradition. Hier knüpft das Projekt „Walking Sounds“ an. In Halabja wird durch die Zusammenkunft von Musikern Wiederversöhnung gelebt. Zuerst gab es Gespräche über die Vergangenheit und es wurden unterschiedliche Standpunkte diskutiert. Danach griff jeder zu seinem Instrument. Seither treffen sich die Musiker regelmäßig und musizieren gemeinsam. Durch die Musik ist es gelungen, alte Gräben zuzuschütten und schrittweise Vertrauen aufzubauen, erklärt Samman.

Ein weiteres Problem sieht Luca darin, dass Musiker und Künstler in ihren Dörfern und Städten festsitzen und der Austausch fehlt. Deshalb ist der Aufbau eines Netzwerks ein weiteres Ziel. 150 Musiker vorwiegend aus dem Nordirak sind bereits vernetzt, und in Bagdad die ersten Kontakte geknüpft. Weitere 700 Musiker gibt es im Südirak, die bisher noch keiner Organisation angehören. Es liegt zwar noch viel Arbeit vor uns, aber jeder kleine Teil fügt sich wie ein Mosaik zu einem Ganzen, zeigt sich Luca zuversichtlich. Der nächste Milestone ist, das Projekt auf weitere Kunst- und Kulturschaffende, wie z.b. Theatergruppen, Maler, Schriftsteller etc. auszuweiten und im nächsten Jahr 1.000 irakische Musiker und Künstler zu verbinden. Samman freut sich darüber, wie aus einer einfachen und spontanen Idee plötzlich eine Bewegung wurde und immer mehr Zuspruch findet. Seine Vision geht noch einen Schritt weiter, er möchte das Projekt als friedensbildende Maßnahme über die eigenen Grenzen verbreiten – nach Jemen, nach Israel, nach Afghanistan.

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Drei Wochen waren Musiker aus dem Netzwerk kürzlich im Irak unterwegs und folgten Einladungen von internationalen Organisationen, den Vereinten Nationen sowie Botschaften, und traten in Baghdad, Halabja, Erbil, Sulaymaniyah, Dohuk, Mosul und anderen Städten auf.

Bei Interesse ist die CD Mshakht & New Landscapes – Walking Sounds from Italy to Kurdistan“ über Amazon und iTunes erhältlich.

Autor: reginatauschek

Weltbürgerin.

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