Karge Wildnis, schroffe Bergketten, weiße Strände, kreisende Seeadler und ein fantastisches Lichtspiel. Ein Archipel der Extreme. Die Einheimischen nennen ihn „Luchspfote“.
Knapp 140.000 Schritte zählte mein Telefon. Dass einige davon steil bergauf gingen, verschweigt es. Dabei gäbe es noch so viel zu entdecken, auf den Lofoten. 190 km erstreckt sich die Inselgruppe nördlich des Polarkreises in den Atlantik. Über 1,000 Meter ragen schroffe Bergketten aus Granit und Gneis aus dem Meer und locken mit herb reizvoller Ausstrahlung.
Fünf der insgesamt sieben Hauptinseln sind mit modernen, feingliedrigen Brücken und Unterwassertunnel verbunden. Die beiden entferntesten Inseln erreicht man mit dem Boot. Straßen winden sich entlang der Fjorde, Gezeiten legen Algen an den Ufern frei und setzen Boote in den Sand. Bergketten scheinen an manchen Stellen wie von einer Axt gespalten, messerscharfe Grate und Zacken markieren ihre Höhen. Kleine Fischerdörfer liegen geschützt hinter Felsvorsprüngen oder eingebettet in Buchten, gelegentlich blitzen weiße Sandstrände hervor, dessen Wasser an die Karibik erinnert und mit ihrer Farbe den strahlend blauen Himmel in seiner Intensität übertrifft. Auf der Rückseite der Insel ziehen Nebelschwaden die Felswände hoch, geben von der Felskulisse nur ihre Konturen frei und verbreiten Mystisches im Donner rauschender Wellen. Die Natur entfaltet ihre Schönheit auf vielfältige Weise, egal wohin man blickt.
Naturschauspiel vom Berg
Auf zumeist nicht markierten, jedoch guten Wegen steigen wir den Berg hinauf. Obwohl die Wetter-App tagelang Regen verkündet, hatten wir überraschend viel Sonnenschein. Wir wandern immer durch abwechslungsreiche Landschaften. Einmal sind es großzügige Trogtäler in sattem Grün, dann führt der Weg entlang eines Bergrückens mit Blick aufs Meer und den durch Meeresbuchten und Felsen ausgefransten Küstenstreifen. Und immer wieder treffen wir unterwegs auf Bergseen mit glasklarem Wasser, die sich wie Juwelen in der Natur verstecken und sonnen. Jeder Aufstieg wird mit einem fantastischen Aus- und oft Rundblick belohnt, fern von Touristen und umweht von einem Hauch Stille.
Auch auf Küstenwanderungen, entlang schneeweißer Sandstrände und großen, vom Meer rund gewaschenen Steinen, gibt es einiges zu sehen: Notunterkünfte in Felsnischen, kleinste Fischerhütten, Felsen, die sich durch die azurblaue Meeresoberfläche schieben, auf denen sich Kormorane ihre ausgebreiteten Flügel im Wind trocknen, oder Seeadler die nach Beute suchen. Verstärkt wird die Begeisterung von herrlichen Ausblicken auf das offene Meer oder die Nachbarinsel, wo Wolken an der Bergspitze hängen, das Rauschen peitschender Wellen, die am Felsen zerschellen – und dazwischen immer wieder ein Schäufelchen frische arktische Meeresluft zum Durchatmen.
Das abendliche Naturschauspiel
Die Tage sind noch sehr lang, die Abendstimmung oft spektakulär und ein Naturschauspiel von Gegensätzen. Dieses erstreckt sich von einer Wolkenstimmung, die an Dramatik kaum zu überbieten ist, bis hin zum Sonnenuntergang in oranger und roter Farbe, der sich sanft über den Bergrücken legt und verborgene Sinne umspült.
Tourismus
Die Geschichte der Lofoten dreht sich um den Fisch. Er dominiert die Speisekarten und auch Holzgestelle in den Fischerdörfern weisen darauf hin, an denen im Frühjahr der Stockfisch getrocknet, und anschließend exportiert wird – die Körper vorwiegend nach Italien und Portugal, die Fischköpfe nach Afrika. Heute kommt als wichtigste Einnahmequelle der Tourismus hinzu. Eine Millionen Besucher hat das Achipel mit seinen rund 25.000 Einwohnern jährlich zu verkraften. Waren es früher vorwiegend abenteuerlustige Individualtouristen und naturverbundene Camper, die die Inselgruppe bereisten, sorgen heute Anbieter von Pauschal-, Bus- und Kreuzschifffahrten für Besucherrekorde und spülen Menschenmassen auf den Archipel, die eine Handvoll Fischerdörfer stopfen. Traditionelle Fischerhütten wurden in Ferienhäuser umgewandelt, neue werden gebaut und teuer vermietet. Auch so manche spektakuläre und dem Abgrund ausgesetzte Gipfelplattform, die über die sozialen Medien der Welt bekannt geworden ist, zieht Wanderer aller Nationen an. Trotzdem, es gibt auch noch Orte und Plätze abseits des Touristenstromes, wo noch Ruhe zu finden ist, und diese Inselwelt letztendlich so besonders macht.
Zu hoffen bleibt, dass der Bau von Hotelkomplexen weiterhin verhindert wird, um den Charme dieses Archipels auch für die nächsten Generationen weitgehend zu erhalten.
Hier ist die Reise noch in einem Video zusammengefasst:
Ein Gedanke zu „Fotostrecke: Lofoten erleben“